Noch darf Jeff Andrews nicht zeigen, worauf er so stolz ist. „Wir befinden uns noch im Zulassungsprozess“, sagt der Global Development Leader der Open-Loop–Plattform des Pharmaunternehmens Eli Lilly. Diabetespatienten sollen künftig mit einem Connected-Care-System ein innovatives Injektionssystem für Insulin erhalten. Die Technologie soll das Leben von Zuckerkranken massiv erleichtern. „Es ist ziemlich viel Algebra nötig, um die richtige Insulindosis für einen Patienten zu berechnen“, sagt Andrews, und selbst dann sei die sich aus der Berechnung ergebende Dosis meist nur ein ziemlich grober Wert. Die Rechenaufgabe soll künftig mittels einer App erfolgen, die mit einem Blutzuckermessgerät verbunden ist. Der Pen, mit dem sich Patienten das Insulin verabreichen, soll ebenfalls mit der App verbunden sein und den Wert für die nötige Insulindosis angeben.
Das ist die erste Ausbaustufe des Connected-Care-Ansatzes von Lilly für Diabetespatienten. Stufe zwei, ebenfalls kurz vor Beginn, heißt Closed-Loop. Auch hier werden Daten gesammelt zur Berechnung der Dosis. Doch die Injektion des Insulins erfolgt dann automatisch. „Patienten haben unterschiedliche Bedürfnisse, manche mögen die Vorstellung nicht, dass ein technisches System autonom Entscheidungen fällt, sie wollen die Kontrolle behalten, andere wollen ein System, dass sich um alles kümmert“, erklärt Andrews den Closed- und Open-Loop-Ansatz.
Und der Lilly-Mann denkt noch viel weiter. Wenn das System erst einmal funktioniere, könnten Patientendaten anonymisiert in einer Cloud landen. Aus diesen könne sich dann lernen lassen, wie die optimale Insulindosis aussieht. Ärzte und Pharmafirmen werden also von der App lernen. „Derzeit gibt es nicht genug Aufmerksamkeit für die Patientendaten“, sagt Andrews. „Es ist ein bisschen, wie im Dunkeln Auto zu fahren ohne Licht. Schon bald werden die Lichter aber angehen, bald werden uns die Daten neue Erkenntnisse bringen.“ Mithilfe von Algorithmen und künstlicher Intelligenz werden also nicht nur die Variablen des individuellen Patienten geändert, sondern auch die Parameter für die Kalkulation. Denn Andrews zufolge ist die richtig Insulineinstellung für Diabetespatienten noch immer höchst schwierig. „Diabetes ist – so sagen es Patienten – wie ein Puzzle, das man zusammenfügen muss, um zu wissen, wie viel Insulin man benötigt“, berichtet Andrews. „Und jeden Tag liegt das Puzzle wieder in seinen Einzelteilen vor und man muss es neu zusammensetzen.“
Andrews weiter: „Wir erwarten, dass wir suboptimales Dosierungsverhalten adressieren können. Wenn Patienten Insulin besser dosieren können, wird sich der Blutzuckerspiegel verbessern und das kann die Lebenserwartung und die -qualität erhöhen sowie die Kosten für das Gesundheitssystem senken.“ Für konkrete Aussagen sei es allerdings noch zu früh. Wenn aber erst mal ein paar Hundertausend oder gar Millionen von Patienten Connected-Care-Systeme verwendeten, könnte in Studien der Effekt auf solche Endpunkte ermittelt werden.