PROFESSOR. REBELL. SATIRIKER
Herr Prof. Dueck, „Wild Dueck“, wie steht ́s um die globale und digitale Welt?
Sie kommt. Die analoge und die digitale Welt driften als Kontinente auseinander. Derzeit kann man noch überspringen, später geht man baden.
Warum eigentlich „Wild Duck“ oder „Wilddueck“?
„Wild Duck“ ist bei IBM die Bezeichnung für Querdenker (sie weiß noch, dass sie Zugvogel ist, die Hausenten kennen ihre Bestimmung nicht wirklich). Ich hab dann Wilddueck als Brand etabliert.
Sie werfen heutigen Führungskräften „Meta-Aktivismus“ vor. Was heißt das?
Sie überlegen, welchen Aktivismus sie betreiben müssten, weil auf dem Hof das Essen schlechter wird. Die Hausenten wollen nicht in den Süden, denn sie müssten fliegen üben und würden noch magerer als es ihnen jetzt zu drohen scheint.
Nach 25 Jahren IBM, viele Jahre im Top-Management:
Wie lautet Ihr Urteil, wie erreicht ein Unternehmen Top-Innovationskraft?
Die Lerngeschwindigkeit entscheidet mehr als das Quartalsergebnis. Tesla, Amazon lernen, aber man lacht über ihre Verluste dabei. Dass das Gelernte einen Wert hat, wird nicht betrachtet. Was tun: Augen auf, aufbrechen!
Das innovativste Unternehmen der Welt?
Das wechselt immer, sobald die Wildenten nicht mehr nach Süden fliegen und auf dem Hof fett werden. Die innovativsten schaffen es oft in die Nähe der befürchteten Weltherrschaft. Das waren mal IBM, Microsoft, Apple… nun sind es Google, Amazon und irgendwann „Musk“.
Die digitale Revolution im Gesundheitswesen?
Was steht uns bevor?
Viele Patente laufen ab. Die Überalterung bringt Finanzierungsprobleme des derzeitigen Systems; es kann nicht mehr doppelt so viel für jedes NEU!-Medikament zahlen, das nur 5% besser wirkt. Gentechnik (CRISPR/Cas9) ersetzt teure „Pharma“-Therapien.
Was raten Sie den CEOs von Pharma- und MedTech rmen,Krankenhäusern und Krankenkassen, um ihre Organisationent für die Zukunft zu machen?
Was rät man einem Dieselspezialisten? Einer Apotheke gegen Automaten? Man muss doch erst einmal schauen,was überbleibt oder morgen zählt. Mehr Psychotherapie zum gar-nicht-krank-werden? Patientendaten-Online-Analyse-Service mit „Predictive Maintenance“? Ich habe Aktien von Teladoc.
PROFESSOR GUNTER DUECK
Solide und sehr klug, dürften die Attribute sein, die man Gunter Dueck beim Blick auf die ersten Jahre seines Lebenslaufs zuschreibt. Studium der Mathematik und Betriebswirtschaft, 1977 in Mathematik an der Universität Bielefeld promoviert. Vier Jahre später Habilitation und Professur in Bielefeld, dann Wechsel nach Heidelberg. Dort begann dann 1987 seine Karriere beim großen amerikanischen IT-Unternehmen IBM. Es galt, die Strategie und technologische Ausrichtung der IBM mit zu gestalten. Dabei kümmerte sich Dueck auch um eines, das ihn ganz offenkundig bis heute nicht losgelassen hat: den kulturel- len Wandel in Organisationen. „Wild ducks“, also Querdenker, so berichtet Dueck auf seiner Website, seien bei IBM willkom- men gewesen. Rebellen als Innovationstreiber, so zu sagen.
Eines Tages seien Mitarbeiter in sein Büro gekommen und lachten. „Man hatte meinem damaligen Chef, General Manager bei IBM, einen starken Spruch von mir gepetzt“, erklärt Dueck. Dochs ein Vorgesetzter habe nur hatte gelächelt und leise gesagt: „You know, this is my wild duck.“ Die Kollegen freilich hatten es falsch verstanden und fälschlicherweise „Wild Dueck“ herausgehört. „Ja, und seitdem bin ich Wild Duck oder Wilddueck“, erzählt der Mathematik-Professor heute.
Seiner Karriere hat es nicht geschadet. Als er IBM im Jahr 2011 verließ, hatte er es bis zum Chief Technology Officer geschafft. Und schon nebenbei hatte er begonnen, Bücher zu schreiben, gern auch satirische. 2005 etwa erschein ein Buch mit dem Titel „Lean Brain Management – Erfolg und E zienzsteigerung durch Null-Hirn“,das 2006 immerhin Wirtschaftsbuch des Jahres wurde.
In Vorträgen und auf seiner Internetseite omnisophie.com geiselt Dueck die bestehende Mangamentkultur, mit deren Ansätzen der digitale Aufbruch kaum zu schaffen sei. In einem Interview der „Welt“ sagte er jüngst: „Etablierte und besondersalteingesessene Firmen entwickeln langsam ihre eingefahrenen Rituale, die wir als System dann Betriebskultur nennen. Manager arbeiten nach einem festgelegten Methodenkanon. Im digitalen Umbruch funktionieren die bewährten Schablonen aber nicht mehr.“